‚Rios Reise‘ führt in die Konzertaula Kamen

Seinen ‚König von Deutschland‘ kennt jedes Kind. Aber dass hinter diesem Party-Reißer noch ein ganz anderer Rio Reiser steckt, wissen wenige. Zwischen den legendären ‚Ton, Steine, Scherben‘, die nochvor Udo Lindenberg zeigten, dass Rockmusik auch mit deutschen Texten geht und nach deren Taktmanche politische Schlacht in den Siebzigern geschlagen wurde, dem erfolgreichen, wenngleichimmer hintersinnigen Singer/Songwriter der Achtziger und dem Rockpoeten der Neunziger, der vom profitbestimmten Gang der Gesellschaft und speziell der Musikindustrie zunehmend frustriert war,liegt ein langer, aber gerader Weg.  Die Hoffnung wollte er trotzdem bis zuletzt (er starb 1996) nicht aufgeben. ‚Wann, wenn nicht jetzt? Wer, wenn nicht wir? Wie, wenn ohne Liebe?‘ – so lautet eine Zeile aus einem Song, die seine Hoffnung und seinen kreativen Antrieb schön zusammenfasst. Dass alle Lieder von Rio Reiser – selbst die kritischen und wütenden – Liebeslieder sind, das sollen die beiden Konzertabend zeigen, die vom Chor der TU Dortmund in Kooperation mit dem Kamener Chor ‚Die Letzten Heulern‘ gestaltet werden. Uni-Chorleiter Reinhard Fehling hat eigens für dieses Programm Lieder von Rio Reiser für Chor und Band bearbeitet. Dabei hat er sie nicht bloß aufs Chorformat hochgezogen, sondern eine eigenständige Fassung  des musikalischen Reiser-Kosmos vorgelegt.  Schon der Titelsong des Abends ‚König von überall‘ deutet an, wohin die Rio-Reise geht: Durch behutsame Textergänzungen und Verknüpfungen mit anderen Songs schafft Fehling  Aktualisierungen mit überraschenden Verbindungen und Ausblicken. Aber auch gecovert wird nach allen Regeln der Kunst. Zuständig dafür sind hauptsächlich die ‚Bündler‘, eine Vokalsolisten-Formation der TU Dortmund bestehend aus Berit Tenhaven, Anna-Lena Schilder, Julia Grüter, Simon Brüser und Kai Riese sowie die Kamener Gruppe ‚Terz‘. Bekannte Lieder wie ‚Junimond‘ und ‚Für immer und dich‘ sind dabei, aber auch viele musikalische B-Seiten. Das instrumentale Spektrum reicht von sanfter Gitarren- und Klavierbegleitung bis hin zur Rockband, die mit Philipp Quiring (Piano), Jochen Bröcker (Bass) und Jan Reisige (Percussion) besetzt ist. Die Konzertabende am 30. 6. und am 2. 7. beginnen jeweils um 19.30 Uhr, der erste in der Konzertaula Kamen und der zweite im Museum für Kunst und Kulturgeschichte in Dortmund.

Inzwischen liegt ein Live-Mitschnitt des Konzertes 'Rios Reise - LIVE' vor und kann zum Preise von 10 Euro über einen Gästebucheintrag bestellt werden.

Das Rio-Programm

Chor:
König von überall (König von Deutschland/Menschenfresser)
Zauberland

Soli:
Eislied (Isolde Kleiner)

Chor:
Wahre Lüge (Soli: Terz/Bündler)

Soli:
Vier Wände (Margita Oebbeke)
B-Seite (Annika Schneider)
Junimond (Jens Deptolla)
Stiller Raum (Julia Grüter)
Zu Hause (Berit Tenhaven)

Chor:
Der Nase nach (Soli: Terz/Bündler)

Pause

Chor:
Über Meer und Land und Wiedersehn (Übers Meer/Ich sitz‘ an Land)

Soli:
Nur dich (Anna-Lena Schilder)
Manager (Heike Genz-Küpper, Nana Kayser, Frauke Dryden, Julia Treinies,
Margita Oebbeke)
So allein - zu viert (Leif Dryden, Kai Riese, Tobias Betke, Simon Brüser,
Rasmus Treinies, Reinhard Fehling)

Chor:
Abgesang (Dahin)
Wohin gehen wir

Soli:
Für immer und dich (Heike Genz-Küpper, Nana Kayser, Frauke Dryden,
Julia Treinies, Margita Oebbeke)
Wann (Frauke und Leif Dryden)

Chor:
Sternchen (Soli: Berit Tenhaven, Julia Treinies, Isolde Kleiner, Anna-Lena
Schilder, Julia Grüter, Nana Kayser) 
Instrumente: Philipp Quiring (Piano), Jochen Bröcker (Bass), Jan
Reisige (Percussion), Leif Dryden, Tobias Betke (Gitarre) 
Leitung und Kompositionen/Arrangements: Reinhard Fehling 

"... begrüße mich mit einem Sonnenstrahl"

(Entnommen aus dem Rio-Reiser-Liederbuch, hrsg. von Lutz Kerschowski, 2011)

Ich singe dir, du Stern der blauen Berge,
der sieben Meere und der hohen See,
sing deinen Wüsten, sing deinen Wäldern,
sing deinem Eis und deinem ewigen Schnee...

Wär ich ein Staubkorn in einer deiner Wüsten
oder 'ne Blume in deinem schönsten Tal,
ich bleib dir treu und wenn ich wiederkehre,
begrüße mich mit einem Sonnenstrahl.

(Auszug aus 'Sternchen')

Reise zu Rio

Rio Reisers Lieder und Verse begleiten mich mehrere Jahrzehnte. Ihnen fühle ich mich verwandt, 
wie nur denen von Franz Schubert oder Theodor Kramer.
Nach so langer (Karenz-)Zeit ergab es sich nahezu von selbst (ein bisschen auch durch die Bekanntschaft mit ihm nahe Stehenden und durch das 2011 erschienene Rio-Reiser-Liederbuch), dass ich diese Verbindungen musikalisch konkretisiere, indem ich sie mit dem mir vertrauten Medium 'Chor' kompositorisch zusammenführe. So erhalten seine Lieder einen weiteren Lebensraum und erschließen sich durch die Breitenwirkung chorischen Singens vielleicht neue Hörerkreise.
Bei alledem geht es nicht darum, seine Songs einfach aufs Chorformat hochzuziehen, sondern ihnen abzulauschen, was sie in dieser Form neu akzentuieren oder vielleicht sogar Neues sagen können. Dabei sollen sie nicht ihre Ursprünge verraten. Die Songstruktur soll erhalten bleiben, aber die in ihr angelegten Typen und Schattierungen sollen sich mehr aussprechen können. Unvermeidlich wird dabei der sehr private und intime Ton vieler Lieder - da wo es überhaupt geht - ins Allgemeine gehoben. Es ist aber nicht das Ziel, etwa Liebeslieder von 50 Menschen singen zu lassen in der Hoffnung, die emotionale Kraft ließe sich potenzieren. Von dieser Form der 'Dummheit in der Musik" (Hanns Eisler) soll Abstand gehalten werden. Stattdessen wünsche ich mir, dass die Lieder mit sich selbst über sich hinausgehen. Insofern müsste der oben angegebene Titel ergänzt werden:

Reise zu Rio - und mit ihm immer weiter

auf Rio-Reise, Rio-Reise, Rio-Reise...


Die Uraufführung dieses Chorprojektes ist für den 30. Juni und den 1.7. 2012 geplant. 
Getragen wird sie von den Chören 'Die letzten Heuler' (Kamen) und vom Chor der TU Dortmund.

Hier sind einige gekürzte Notenbeispiele der Chorarrangements von Rio-Reiser-Liedern.
Wegen vollständiger Noten wenden Sie sich bitte an den Betreiber dieser Website.

Der Nase nach
Sternchen
Über Meer und Land und Wiederseh'n
Wahre Lüge
Wohin gehn wir
Zauberland